Arbeitstagung "Sozialismus und Pädagogik" vom 29. bis 30.9.2016 in Jena
Meldung vom:
Dem Verhältnis zwischen Sozialismus und Pädagogik wird sich, bis auf wenige Ausnahmen, aus einer (ideologie-)kritischen bis offen ablehnenden Perspektive genähert. Die Erziehungswissen - schaft hat sich mit dem so genannten realexistierenden Sozialismus, seinen pädagogischen Praktiken und den damit verbundenen ethischen Problemstellungen auseinandergesetzt: Jugendwerkhöfe, Umerziehungslager, aber auch die ideologische Indoktrination in Schulen sind zumindest teilweise erforschte Felder. Doch die Geschichte der sozialistischen Pädagogik beginnt nicht erst mit der Oktoberrevoluti - on; und sie begrenzt sich nicht auf den Staatssozialismus und seine institutionellen Praktiken: Frühsozialistische Konzepte, wie die Charles Fouriers, marxistische Ansätze, wie die Clara Zetkins oder Otto Rühles, aber auch die Kibbuzim-Bewegung oder die Kinderläden der 68er können ebenso als deren Bestandteil betrachtet werden, wie die Arbeiter*innenbildung der Gewerkschaften, neuere Versuche in Venezuela oder in der globalisierungskritischen Bewegung. Nicht zu vergessen sind die historischen internationalen Erfahrungen in Kuba, China oder im Ujamaa-Sozialismus. Von den totalitären Tendenzen innerhalb des sozialistischen Nachdenkens über Pädagogik über - schattet, sind es vor allem bestimmte positiv konnotierte Prinzipien, die innerhalb der wissen - schaftlichen Forschung meistens vergessen oder absichtlich in den Hintergrund gedrängt werden. Die Werte der Solidarität und Emanzipation, die Hoffnung auf eine humane und herr - schaftsfreie Gesellschaft präg(t)en viele sozialistische Konzepte nicht nur der Idee, sondern auch der Praxis nach. Gleichzeitig waren und sind die oftmals utopischen Entwürfe Figuren der Kritik an einer bestehenden Gesellschaft und einer Pädagogik, die - vielleicht gar nicht so unberechtigt - als irrational oder gar als inhuman analysiert wurde.
Im Rahmen der Arbeitstagung "Sozialismus und Pädagogik" wollen wir Forschungsperspektiven eröffnen, die neue Verhältnisbestimmung beider Begriffe zu diskutieren. Dabei wollen wir uns aus der nötigen Distanz Konzepten sozialistischer Pädagogik annähern:
• Welche Motive der Kritik an Bildung und Erziehung finden sich in den Konzepten sozialistischer Pädagogik?
• Wie kann der Begriff "sozialistische" Pädagogik systematisch gefasst werden?
• Welche Theoreme und Konzepte "bürgerlicher" Pädagogik wurden von ihr aufgenommen und entwickelt? • Inwiefern liegt das autoritäre Scheitern der Pädagogik im Staatssozialismus und in den Konzepten sozialistischer Pädagogik begründet?
• Inwiefern müssen sozialistische Pädagogiken einer postkolonialen Kritik unterzogen werden; und wo finden sich Berührungspunkte zwischen postkolonialen und sozialistischen Perspektiven?
• Kann die Beschäftigung mit sozialistischen Konzepten von Pädagogik Anstöße für die aktuelle Theorieentwicklung liefern, oder ist sie als ideologisch und unbrauchbar abzu - qualifizieren?
Wir laden dazu ein, diese und weitere Fragen gemeinsam auf unserer Arbeitstagung miteinander zu diskutieren. Neben den inhaltlichen Auseinandersetzungen will die Tagung aber auch ein Zweites: Es geht uns darum, mit den Teilnehmer*innen die Möglichkeiten eines langfristigen Arbeits- und Forschungszusammenhanges zur Geschichte und Gegenwart sozialistischer Pädagogik zu besprechen. Daher sind auch alle eingeladen, die aktuell zwar nicht zu sozialistischer Pädagogik forschen, aber an künftiger gemeinsamer Forschungsarbeit interessiert sind. Neben den inhaltlichen Vorträgen wird es Raum für gegenseitige Vernetzung und Überlegungen für zukünftige Kooperationen geben.
Anmeldungen nehmen wir bis zum 01. September 2016, Vortrags- und Posterangebote bis 01. Juni 2016 unter sozialismus_paedagogik@uni-jena.de entgegen.
Anmeldungen ohne Vortrag sollten eine kurze Begründung des Teilnahmeinteresses beinhalten, Anmeldungen mit Vortrag oder Poster ein Abstract im Umfang von maximal 500 Zeichen.
Teilnahmekosten entstehen keine. Das Programm und aktuelle Informationen finden Sie hier.
Verantwortlich sind Clemens Bach | Sebastian Engelmann, Kolleg GloBiExterner Link | Robert Pfützner, Kolleg GloBiExterner Link
Mit freundlicher Unterstützung der Graduierten- Akademie der Friedrich-Schiller-Universität Jena